„Zum Drehbeginn muss man wie zu einer Premiere kommen“
Viele Schauspieler schwören auf einen Filmcoach

von Kerstin Schneider

Berlin – Frank Betzelt hat eine Marktlücke entdeckt. Der 40-jährige Schauspieler und Regisseur ist einer der wenigen hauptberuflichen Filmcoachs in Deutschland. Das bedeutet: Er bereitet Schauspieler auf ihre Rollen vor, bespricht einzelne Szenen mit ihnen und unterstützt sie bei Castings. 30 Akteure kommen mittlerweile in seine Münchner Wohnung und lassen sich beraten. Prominente sind darunter, aber auch Jungschauspieler, die gerade erst im Filmgeschäft Fuß fassen. Manche nehmen nur einige Stunden, andere kommen über Monate oder Jahre.

Zum Filmcoaching kam Betzelt „wie die Jungfrau zum Kind“. 15 Jahre hat er als Schauspieler und Regisseur an vielen Theatern gearbeitet, etwa am Bayerischen Staatsschauspiel und bei den Städtischen Bühnen Nürnberg. Irgendwann bat ihn ein Schauspieler um Hilfe bei der Vorbereitung auf einen Drehtag. Frank Betzelt gab ihm Tipps für die Rolle; seine Methoden sprachen sich herum. Seit vier Jahren erweitert sich sein Klientenstamm stetig.

„In Amerika ist es gang und gäbe, dass auch berühmte Schauspieler wie Johnny Depp und Kevin Spacey einen persönlichen Coach haben. Das hat auch seinen Sinn. Zum Drehbeginn muss man so gut vorbereitet wie zu einer Premiere kommen, doch am Theater gehören dazu acht Wochen Proben,“ erklärt Betzelt. Für ihn liegen die Gründe auf der Hand, dass sich nun auch immer mehr deutsche Schauspieler einen Trainer suchen.(…) „Deutlich weniger Schauspieler haben eine feste Bindung ans Theater oder gehörten einem Ensemble an. Viele drehen nur noch fürs Fernsehen oder Kino.“ Damit fällt die Probebühne weg, auf der man sein Talent gemeinsam mit Kollegen entfalten und ausprobieren kann. Gleichzeitig wird das Geschäft härter, die Drehzeiten kürzer, der Zeitdruck wächst. Auch erfahrene Schauspieler leiden darunter. Der 70-jährige Hilmar Thate stöhnte kürzlich in einem Interview, er habe nur vier Wochen gehabt, um sich auf seine Rolle im Fernsehfilm „Rubikon“ vorzubereiten.

Betzelt kennt noch andere Ursachen. Der Geniekult, der die deutsche Auffassung von Künstlertum geprägt habe, nehme heute ab. Früher ging man davon aus, dass man zum Künstler geboren wird: „Das hat man oder hat man nicht.“ Heute hätten immer mehr Schauspieler eine andere Haltung zu ihrem Beruf und setzten auf lebenslanges Lernen.

Frank Betzelt schätzt, dass es in Deutschland etwa zehn Filmcoachs gibt, die mit ähnlichen Methoden arbeiten: Drehvorbereitung, Präsenztraining, Kameraarbeit und Analyse von Filmen,. Wichtig ist ihm das hohe Niveau der Akteure, die zu ihm kommen: „Ich gebe keinen Nachhilfeunterricht für schlechte Schauspieler.“